Mein-papa-kommt.info Initiative für getrennte Eltern mit Kindern

Mein-papa-kommt.info – Online-Plattform hilft getrennten Eltern beim Kinderbesuch

Soziale Medien werben damit, Menschen und Gemeinschaften näher zusammenzubringen. Gerade Dating-Plattformen haben in letzter Zeit von den Covid-Beschränkungen profitiert. Gibt es aber auch Webseiten, die Paaren und Familien helfen, wenn eine Beziehung zu Ende gegangen ist? Ja, Mein-papa-kommt.info zum Beispiel – die Online-Plattform hilft getrennten Eltern beim Kinderbesuch. Wir durften Sandra Pastore interviewen, die für die Kommunikation und das Fundraising der wichtigen Initiative verantwortlich ist.

Allein- und getrennt Erziehende stehen im Alltag vor großen Herausforderungen und sie sind keineswegs die Ausnahme. In Deutschland machen alleinerziehende Mütter oder Väter rund 20% der Familien mit minderjährigen Kindern aus. Nach einer Trennung betreut in der Regel ein Elternteil das Kind oder die Kinder die meiste Zeit. In neun von zehn Fällen übernimmt die Mutter diese Aufgabe.

Mein-papa-kommt.info – Online-Plattform hilft getrennten Eltern, ihre Kinder zu besuchen

Welche Gründe auch immer zu Trennung geführt haben – für Paare mit Kindern ist es nie einfach, die Beziehungen untereinander weiterhin vernünftig zu gestalten. Gerade für kleine Kinder sind die Trennungen der Eltern aber sicher die größte Belastung. Daher ist es besonders wichtig, dass Mütter und Väter sich trotz aller Differenzen weiterhin dabei helfen, die Kinder regelmäßig zu sehen.

Wenn auch noch eine räumliche Distanz aufgrund von Umzügen nach der Elterntrennung hinzukommt, werden die Besuche der Kinder zusätzlich erschwert. Längst nicht jeder Vater oder jede Mutter kann sich die regelmäßigen Ausgaben für die Anreise und Übernachtung leisten, weil die abendliche Heimfahrt nach dem Papa-Tag oder Mama-Tag angesichts der Entfernungen nicht mehr möglich ist. So entstehen für den anreisenden Elternteil zusätzlich zum Unterhalt oft erhebliche Kosten zur Realisierung des Umgangs. Genau hier setzt die Plattform Mein-papa-kommt.info mit einer tollen Idee und einer praktischen technischen Umsetzung an.

Interview mit Sandra Pastore von Mein-papa-kommt.info

Interview mit Sandra Pastore
Online-Durchstarter: Um was genau handelt es sich bei der Initiative „Mein Papa kommt – Das bundesweite Besuchsprogramm für Kinder mit zwei Elternhäusern“?

Sandra Pastore: Mit unserem Angebot sorgen wir für Bindungssicherheit von Kindern, denn jedes Kind hat ein Recht auf beide Eltern. Konkret bedeutet dies: Wir vermitteln  bundesweit kostenfreie Übernachtungen und Spielzimmer am Tag bei ehrenamtlichen Gastgeber:innen am Wohnort des Kindes, damit regelmäßiger Umgang stattfinden kann Damit entlasten wir den anreisenden Elternteil finanziell. Eine Trennung ist aber auch ein emotionales Erdbeben. Mit unserem pädagogischen Beratungsangebot begleiten wir Eltern durch die unterschiedlichen Phasen der Trennungsverarbeitung bis hin zur Gestaltung einer glückenden Nachtrennungsfamilie. Wir machen das, ohne zu werten und immer mit Fokus auf einer niederschwelligen und praktischen Umsetzung. Und übrigens: Weil auch Mütter unterwegs zu ihrem Kind sind, gibt es natürlich auch Meine Mama kommt.

Online-Durchstarter: Kommt es denn häufig vor, dass Eltern nach der Trennung weit voneinander entfernt wohnen und dadurch dieser Bedarf entsteht?

Sandra Pastore: Unsere Gründerin Annette Habert hatte anfangs nicht damit gerechnet. Die Not eines Neunjährigen war der Anstoß. Sein  Vater schlief im Sommer im Auto, um den Sohn am Wochenende sehen zu können. Im Winter kam er nur selten. Sie suchte in ihrem Freundeskreis nach einer Lösung für den Vater. Bald merkte sie jedoch, dass die familiäre Situation des kleinen Sven kein Einzelfall war und vermittelte weitere Väter – alles vom Küchentisch aus.

Es gibt leider keine offizielle Statistik, die diese Not von multilokalen Trennungsfamilien abbildet. Wir wissen aus öffentlichen Statistiken des Bundesamts jedoch, dass in Deutschland jährlich 130.000 minderjährige Kinder die Scheidung ihrer Eltern erleben. Eine von uns in 2017 beauftragte Studie der Firma OC&C Strategy Consultants zeigt, dass allein in Deutschland unser Leistungsangebot für 22.000 Eltern relevant sein kann.

Online-Durchstarter: Die Covid-Pandemie hat die Situation sicher noch verschärft, oder?

Die Pandemie hat uns allen gezeigt, wie wackelig die Welt wird, wenn selbstverständliche Beziehungen eingeschränkt oder in Frage gestellt werden. Multilokale Trennungsfamilien erleben diese Fragilität von Bindung schon immer. Corona hat uns als Gesellschaft diese Fragilität nur deutlich gemacht.

In den letzten 18 Monaten erlebten viele anreisenden Väter und Mütter Isolation und Bindungsabbrüche. Viele Eltern verzweifelten an der Angst, dass ihr Kind sie beim nächsten Wiedersehen nicht mehr erkennen würden. Die Reisemöglichkeiten waren ja auf Bundeslandebene eingeschränkt – eine Reise von München nach Hamburg, um sein Kind zu sehen – undenkbar! Dann waren Hotels und Pensionen nicht zugänglich. Unser Angebot war für viele die einzige Lösung.

Zugleich haben wir seitens der ehrenamtlichen Gastgeber und Gastgeberinnen verständlicherweise monatelang eine Zurückhaltung verzeichnet. Das Social Distancing hat überall Spuren hinterlassen.      

Online-Durchstarter: Während viele soziale Plattformen im Netz eher Illusionen fördern und soziale Nähe nur vortäuschen, kümmert ihr euch um die Realität getrennter Familien. Wie läuft das Ganze technisch ab?

Der anreisende Elternteil meldet sich online über unsere Webseite an. Er benennt den Wohnort des Kindes und seine Kontaktdaten. Die Anmeldung fließt in unsere Datenbank ein und wir prüfen, ob es in unserem Netzwerk schon einen Gastgeber am Wohnort des Kindes gibt. Dies läuft über einen Abgleich der Postleitzahlen in einem Umkreis von max. 25 km. Wir kontaktieren den Gastgeber oder die Gastgeberin telefonisch. Das persönliche Gespräch mit dem Gastgeberin ist uns sehr wichtig, denn sie sind die wahren Held:innen. Sie öffnen nicht nur ihr Haus sondern auch ihr Herz und geben den Eltern einen Vertrauensvorschuss von unschätzbarem Wert. Sobald der Gastgeber:in zusagt, vermitteln wir. Der Papa oder die Mama schließt dann eine Mitgliedschaft bei uns ab und bezahlt monatlich 15 €. Wir haben knapp 1.900 Gastgeber und Gastgeber:innen in unserem Netzwerk. Kinder leben aber überall und da kann es vorkommen, dass wir gerade keinen Gastgeber:in haben. Dann machen wir uns auf die Suche – ganz pragmatisch!

Online-Durchstarter: Ihr seid auch auf sozialen Medien unterwegs – mit welchen Diskussionen habt ihr dort zu tun beziehungsweise wie ist das Feedback auf Euer Engagement?

Wir haben ein sehr positives und wertschätzendes Feedback sowohl von Seite der Eltern als auch Gastgeber:innen. Anreisende Eltern fühlen sich in ihrer prekären Lage verstanden und schätzen unsere Kenntnis ihrer besonderen Herausforderungen. Sie bekommen ein pragmatische und niederschwelliges Angebot, das sie übrigens monatlich kündigen können. Unser Angebot ist bundesweit einzigartig.

Die Gastgeber:innen schätzen, dass sie mit ihrem räumlichen Angebot, unkompliziert und einfach, sozusagen von zuhause aus, ein ganzes Kinderleben stärken.

Ab und zu haben wir auch Kommentare, die zeigen, wie schwierig es für Eltern nach einer Trennung ist, die Paar-Ebene von der Eltern-Ebene zu unterscheiden. Oft sind Trennungen konfliktbehaftet.  Wir haben es auch mit Stigmatisierung zu tun. Es gibt noch viel Unverständnis für die Vielfalt von Familienformen und die Endlichkeit von Beziehungen. Kinder leiden auch, wenn Eltern sich aus dysfunktionalen Beziehungen nicht lösen können – das wird oft ausgeblendet.

Online-Durchstarter: Als gemeinnützige Organisation seid ihr immer auf Unterstützung  angewiesen. Welche Förderung wird am dringendsten gebraucht und wie können sich Interessierte einbringen?

Wir laden alle ein, die die räumliche Möglichkeit haben, Gastgeber:in für Mein-papa-kommt.info zu werden! Ihr Engagement übertrifft die reine Gastfreundschaft. Sie öffnen ihre Türen für einen Fremden, empfangen ihn oder sie als vertrauenswürdiges Gegenüber, das sich mit den Brüchen in seiner Familienbiografie zeigen kann und wertgeschätzt wird. Diese Solidarität ist ein großes Geschenk.

Dann hilft uns WEITERSAGEN! Obwohl wir seit 12 Jahren unsere Arbeit machen, ist die Versorgungslücke weiterhin groß und unsere finanziellen Möglichkeiten begrenzt. Wir brauchen Botschafter, die unsere Initiative bekannt machen – bei betroffenen Familien wie auch bei Ehrenamtlichen.

Wir brauchen auch immer wieder ehrenamtliche Unterstützung bei Fragen zu beispielsweise IT, Marketing und Strategie. Da kann uns externes Fachwissen sehr helfen. Es gibt viele Ideen, um unser Angebot zu verbessern und zu ergänzen. Es fehlt schlicht an Personalkapazitäten. Wir haben bis dato 1.350 Gastgeber:innen vermittelt und betreuen 300 Mitglieder. Jeden Monat erreichen uns 40 Anfragen.

Und natürlich kämpfen wir jährlich um unsere langfristige finanzielle Stabilität. Ich glaube fest, dass soziale Innovationen einen unternehmerischen Ansatz brauchen, um eine Skalierung zu erreichen. Mit einer rein ehrenamtlichen Unternehmensstruktur ist das nicht möglich. Wir sind eine gemeinnützige GmbH mit zwei Vollzeitbeschäftigen, einem Büro und laufenden Kosten für Telefon, IT-Infrastruktur, Finanz- und Lohnbuchhaltung, Marketing etc. Wir müssen monatlich sicherstellen, dass die Rechnungen und Gehälter bezahlt werden. Seit 2020 beteiligen sich das Bundesfamilienministerium und die Stadt München zu 70 % an unseren laufenden Kosten. Den Rest decken wir durch Spenden und Elternbeiträgen. Aufgrund der finanziellen Situation unserer Zielgruppe werden wir immer auf Fördermittel und Spenden angewiesen sein.

Das Bundesfamilienministerium hat uns schon informiert, dass die Förderung für Mein-papa-kommt.info in 2024 ausläuft. Also vielleicht gibt es bei den Lesern dieses Interviews Menschen, die potentielle Förderer kennen, mit denen wir in Kontakt treten könnten.

Vielen Dank für das Interview über Mein-papa-kommt.info, Sandra Pastore!

Über den Autor/die Autorin
Johnny ist Experte für Online-Marketing, seine Spezialgebiete sind Suchmaschinenoptimierung (SEO), Content-Strategien und Blogger-Networking. Wenn er nicht gerade selbst Texte verfasst oder redigiert, meditiert er über Analyse-Tools für Marketing-Kampagnen, Webseiten und Influencer.

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